Volkstrauertag 2024
Liebe Bürgerinnen und Bürger,
Lieber Vorsitzender der Gemeindevertretung Högn,
Lieber Diakon Weckler,
lieber Pfarrer Stichling,
liebe Kameraden, liebe Kameradinnen der freiwilligen Feuerwehr der Gemeinde Glashütten,
die eigentlichen Verlierer der Kriege sind immer die Eltern, die Frauen, die Mütter.
Daran soll der heutige Tag erinnern und uns ins Gewissen rufen, dass die Menschlichkeit bei kriegerischen Auseinandersetzungen auf der Strecke bleibt.
Alle Eltern, leiden furchtbar unter dem Verlust ihrer Söhne, ihrer Töchter, die in den schlimmen, sinnlos erscheinenden Kriegen der Vergangenheit ihr Leben gelassen haben und auch heute wieder lassen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, nicht nur die letzten beiden Weltkriege haben viele trauernde Elternpaare, Kinder, Ehefrauen und Geschwister geschaffen. Bis heute sterben täglich Menschen in blutigen Kriegen und das ist uns seit dem nunmehr schon 2 ½ Jahre andauernden Krieg in der Ukraine noch bewusster. Leider belastetet seit 1 Jahr nun ein weiterer großer regionaler Konflikt im Gazastreifen und Libanon, sowie in Israel unsere Welt. Diese Kriege vermitteln uns aktuell ein Bild der Unlösbarkeit, der eigenen Ohnmacht, der Abhängigkeit und des Wohlwollens von Autokraten und teils unfähigen Politikern. Wo bleibt da eigentlich die Diplomatie der Wunsch nach Frieden. Fronten sind verhärtet und die Standpunkte so stur wie auch unmenschlich, es gilt die Macht des vermeidlich stärkeren. Wie auch schon im 1. Weltkrieg ziehen neue Techniken mit in ein Gefecht. Damals das Wettrüsten der großen Artilleriegeschütze, dass zu einem festgefahrenen und menschenverachtenden Gemetzel und Stellungskrieg in Belgien und Frankreich führte, heute durch KI gesteuertes modernes Kriegsgerät, dass den Tod in die Wohnzimmer von Zivilisten der betroffenen Länder führt. Der Wunsch machtbesessener Politiker ist es, die Kriegsführung so zu modernisieren, dass am Ende Computer und Maschinen den Krieg führen. Leidtragend ist der Mensch, Maschinen kennen keine Gnade, KI hat keine Seele, kein Gewissen. Unbeirrt wird dieser Weg weiter gegangen, sterben tun Menschen.
Unser eigentliches Gedenken am heutigen Volkstrauertag gilt daher allen Gefallenen des 1. und des 2. Weltkrieges. Schlimme Kriege, die die gesamte zivilisierte Welt in Aufruhr brachten und an den Rand eines tiefen Abgrundes. Viele Schicksale, viel Zerstörung, unendliches menschliches Leid ist in dieser Zeit widerfahren.
Nach dem zweiten Weltkrieg schwor man sich, alles zukünftig besser zu machen.
Viel Zeit ist seitdem vergangen. Ich frage mich manchmal, was hat die Menschheit aus den Wirren und dem unendlich geschehenen Leid des ersten und auch des zweiten Weltkrieges gelernt?
Nach dem zweiten Weltkrieg waren unsere Eltern und Großeltern damit beschäftigt Deutschland, wie wir es heute kennen, aufzubauen. Es folgte ein unbeschreibliches Kapitel von Frieden in Deutschland. Einer der längsten Friedensperioden, die Deutschland in seiner Historie bisher noch nie erlebte, aber auch in Europa. Freundschaftlich und partnerschaftlich, sollte das Verhältnis der Nachbarn untereinander werden. Es folgte dann 1990 nach Ende des kalten Krieges eine weitere Annäherung an Russland und auch eine lange andauernde Phase der militärischen Stabilität.
Die Menschheit steht auch heute wieder an einem Scheideweg. Wir müssen aufpassen, dass wir den dünnen Faden, das Band des Friedens nicht weiter durchtrennen, bis es unweigerlich zu spät ist.
Was derzeit auf der Welt passiert, sei es das unermessliche Leid der Ukrainer oder das in Israel, Libanon und Gaza, macht uns alle nur noch betroffen. Viele von uns blicken ängstlich in eine weiterhin ungewisse Zukunft. Sie fragen sich, was wird aus den Betroffenen, aber auch was wird, wenn es weiter eskaliert. Dazu kommt die Ohnmacht im eigenen Land, eine verfehlte Politik in Berlin, wirtschaftliche Rezession, die politische Situation in USA und um uns rum in Europa.
So lassen Sie uns heute, lasst uns heute nicht nur an die vielen Opfer der beiden Weltkriege gedenken, sondern lasst uns diesen Tag auch den Menschen in der Ukraine widmen, den Menschen in Israel und auch im Libanon und im Gazastreifen, die Opfer wurden, weil sie einer friedlichen Welt mit Gewalt entrissen wurden.
Wir gedenken allen gefallenen Soldaten, derer die in Gefangenschaft gestorben sind oder hingerichtet wurden, und den vielen Vermissten aller Kriege. Aber auch den Männern, Frauen und Kindern überall auf der Welt, die im Krieg ihr Leben lassen mussten.
Wir denken an die Menschen, die im Widerstand oder um ihre Überzeugung oder ihres Glaubens Willen, Opfer von Gewaltherrschaft und Terror wurden und jetzt wieder werden, weil ein aggressiver Autokrat oder ein fanatisches Regime oder religiöse Fanatiker die Grundlagen von Frieden, Freiheit und Demokratie mit Füssen treten, nein, sie zerstampfen!
Und wir denken voller Betroffenheit an alle, die man verfolgt und getötet hat, weil sie einer vermeintlich falschen Ethnie angehörten oder als „unwertes Leben“ wegen Krankheit oder Behinderung im Holocaust aussortiert wurden.
Wir denken auch an die Männer, Frauen, Kinder und Familien, die nach all den geführten Kriegen auf unserem Erdball, auch in anderen Teilen der Welt, durch Flucht oder Vertreibung ihr Leben – oder zumindest ihren Besitz und ihre Heimat – ihre Wurzeln verloren haben.
Wir denken voller Dankbarkeit und Respekt an die Bundeswehrsoldaten, die bei der Verteidigung von Freiheit, Frieden, Demokratie und Menschenrechten bei Auslandseinsätzen ihr Leben gelassen haben.
Nicht vergessen dürfen wir, dass auch heute noch Kameradinnen und Kameraden der Bundeswehr ihren schweren Dienst bei Auslandseinsätzen erbringen. Sie setzen sich dabei für unsere Freiheit ein und riskieren ihr Leben. Dieser schwierige und gefährliche Dienst sollte von uns allen von unserer Gesellschaft respektiert werden. Alle deutschen Soldaten tun das für uns und dafür, dass die Sicherheit Deutschlands, die Sicherheit Europas schon vor unseren Grenzen gewährleistet wird. Versetzen wir uns einmal in die Lage dieser Bundeswehrsoldaten zum Beispiel am Stützpunkt der Luftwaffe in Jordanien, kurz vor den Grenzen zu Palästina, kurz vor Israel. Was ist das nur für eine Zeit, in der wir heute leben.
Es scheint wie eine Zeitreise aus dem modernen 21. Jahrhundert zurück in den kalten Krieg Anfang der 80 Jahre. Zivilschutz, die Bundeswehr als Verteidigungsarmee sind wieder in den Fokus gerückt. So simple Dinge wie funktionierende Sirenen oder ein Bundeswehrbataillon für den Heimatschutz gehören bereits wieder in unseren Alltag. Wer hätte sich das vor nur 10 Jahren vorgestellt?
Doch wir setzen alle Hoffnung auf Versöhnung unter den Menschen und auf Frieden in der Welt. Unser ehemaliger Bundespräsident Richard von Weizsäcker hat einmal gesagt:
„Das Geheimnis der Versöhnung ist Erinnerung.“
Der heutige Volkstrauertag gibt uns dazu die Gelegenheit. Er ist ein Tag des Gedenkens und des Nachdenkens. Er ist ein Tag der Erinnerung, des Mitgefühls und der Verbundenheit über Generationen und Völker hinweg.
Und er kann unseren Blick schärfen: für unsere Überzeugungen und Handlungen, für gesellschaftliche und politische Entwicklungen in der Gegenwart und für eine gute Zukunft, für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung einzustehen und sie gegen jegliche Feinde von innen und außen zu verteidigen. Dieser Tag ist ein zeitloses Erbe, das nie an Aktualität verlieren wird.
Nutzen wir ihn zum Atemholen, zur Reflexion über Krieg und Gewalt und sind wir dankbar, dass wir in einem Land ohne Krieg in der bisher längsten Friedensepoche unseres geeinten Landes leben dürfen.
Liebe Bürgerinnen und Bürger, nehmen wir von den Gräbern und Kriegerdenkmälern die Hoffnung mit und leisten wir an diesem Tag ein Versprechen: Wir wollen unseren Kindern eine Zukunft schaffen, die auf Menschenwürde fußt, frei von Angst, Unfreiheit und Erniedrigung!
Frieden fällt nicht schön verpackt vom Himmel, er lässt sich nicht im Supermarkt erwerben. Man kann ihn weder kaufen noch gewinnen. Frieden ist ein Geschenk der Zeit, das wir alle in uns tragen. Wir müssen den Frieden in uns finden und dann großzügig mit den anderen teilen.
Für den Frieden müssen wir alle etwas tun, er ist nicht nur Sache von Politikern. Es ist vielmehr an jedem von uns, friedlich miteinander zu leben und schon im Alltag eine Atmosphäre zu schaffen, in der keiner aus purem Misstrauen oder Unkenntnis angefeindet und ausgegrenzt wird. Da sollte jeder mit gutem Beispiel vorangehen, im Kleinen oder im Großen.
Respekt dem Gegenüber, achtungsvoller Umgang miteinander, dem anderen in der Not helfen, das sind die Wurzeln dazu.
Wir müssen Frieden schaffen, indem wir miteinander sprechen, einander zuhören, Freude und Kummer teilen, uns gegenseitig helfen und uns am Ende die Hände reichen. Daran sollten wir uns heute, am heutigen Volkstrauertag erinnern und mit dem aufeinander zugehen beginnen.
Ich danke Ihnen sehr fürs zuhören und wünsche Ihnen noch einen schönen Sonntag.
Glashütten, 17. November 2024
Thomas Ciesielski
Bürgermeister